Leseprobe:

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Okzident trifft Orient

Krieg im Irak, in Afganistan, islamischer oder islamistischer Terror in Pakistan, Indien, England, Spanien und weltweit. Wie kommt das?
Dabei hatten doch in den neunziger Jahren die Schlausten der Schlauen bei uns ein Symposium veranstaltet, das in der ZEIT großzügig dokumentiert worden ist. Das Ergebnis wurde damals vom Helmut Schmidt zusammengefaßt:
„Vom Islam geht keinerlei Gefahr aus“. Die größte Gefahr bestünde darin, sich vor dem Islam zu fürchten, was wiederum die Moslems beleidigen könnte.

Was kaum jemand weiß:
Alles was die Taliban („die Schüler“) über die Welt und den Islam und vor allem den (unheiligen) Heiligen Krieg wissen, wissen sie aus Schulbüchern amerikanischer Islamwissenschaftler. „Die Schulbücher der Taliban wurden an der Universität von Nebraska entwickelt, am Zentrum für Afghanische Studien.“
Dann zahlten Amerikaner und Saudis einige Milliarden Dollar an den pakistanischen Geheimdienst, die mit diesem Geld eine Veränderung der afghanischen Gesellschaft bewirkten: Bis dahin waren es die Stammesältesten gewesen, die Maliks, die das Sagen hatten, jetzt gewannen die Mullahs die gesellschaftliche Macht.
„Erst der von außen finanzierte Dschihad hat aus den Mullahs eigenständige Machthaber gemacht. (..) Plötzlich verfügten sie über Geld, Kontakte, Zugang zu Waffen.“ (ZEIT, Nr 38, 13. September 2007, S. 3, „Die Gotteskrieger, die wir riefen.“)
Und wer gab die allerersten Anregungen zum Dschihad.? Der I. Weltkrieg und die deutschen Intellektuellen und Strategen: „Eingedenk der blutigen Geschichte der deutschen Kolonialherren“ schien nur die Propaganda eines „Heiligen Krieges“ erfolgversprechend.
„Im September 1914 (legte) Max von Oppenheim (den) grandiosen Plan (vor), wie die islamische Bevölkerung .. (in Afrika) zu Aufständen (gegen die englischen und französischen Kolonialherren) zu ermutigen sei.“ Der angenommen wurde und:
„Deutsche Diplomaten .. arbeiteten mit Hochdruck an einer Proklamation des Heiligen Krieges.“ Der im November 1914 vom türkischen Kriegsminister verkündet wurde und von den Islam-Gelehrten der Kairoer Universität „als unislamisch und abwegig“ abgelehnt wurde. „Die Idee des Dschihad war, bevor Deutsche und Türken sie aus der Versenkung holten, in der islamischen Welt nahezu vergessen.“ (M. Pesek, ZEIT, 9/2004, S. 84)


Wie schlau und mutig sind eigentlich unsere (zu recht oder unrecht) berühmten Vorzeige-Intellektuellen?

Maxim Biller interviewte Dr. Hellmuth Karasek, einen der klügsten und ehrlichsten Publizisten dieses Landes. (Den übrigens ich 1984 in der SZENE HAMBURG erstmals einem größeren Publikum vorgestellt und sozusagen entdeckt habe.) Dieser schämt sich in dem Interview fairerweise für seine Nazi-Eltern und seine Napola-Erziehung, aber auch für seine 68iger Ho-Ho-Ho Chiminh- Vergangenheit und sagt u.a.: „Ich fürchte, Intellektuelle sind meistens dumm - weil sie sich in politischen und moralischen Fragen immer so hartnäckig irren. Und feige sind sie sowieso. (Beispiel Enzenberger) Als Intellektueller .. mußt (du) mit den Wölfen heulen.“

Biller fragt später: „Sagen Sie Herr Karasek, muß man sich als Intellektueller absichtlich doof stellen, damit man wichtig wird?“

Karasek: „Sie haben das Gegenteil versucht. Sie haben das Falsche und das Böse - jedenfalls das, was sie dafür hielten - laut angeprangert .... und das war eine Märtyrerrolle, die ich niemals wählen würde.“
(Was in der Sprache der Nicht-Intellektuellen soviel wie Ja heißen würde). (Jetzt stellt sich nur noch die Frage, warum Karasek bei dem ganzen Scheiß mitmacht.)
„Ich war mal bei Verona Feldbusch, und da hat mein Sohn das erste Mal vor mir Respekt gehabt.“ (..)

„Na gut, ich sage Ihnen, warum ich ins Fernsehen gehe: aus Eitelkeit, aus falsch verstandener Eitelkeit vielleicht. Es dauert zu lange, bis man mit der Kritik der reinen Vernunft populär wird.“

Schließlich sagt Biller, daß heute ein Adorno oder ein Brecht im Gegensatz zu früher keine Chance mehr hätte, zu einem Medienstar zu werden. Karasek verweist in diesem Zusammenhang aber merkwürdigerweise auf Harald Schmidt, als sei dieser der heutige Adorno. Was Maxim Biller ebenso schockiert wie mich und Karasek zu dem Seufzer verleitet: „Die Zeiten sind wie sie sind.“

Biller: „Sie meinen, die Welt wird immer blöder, und man kann nichts dagegen tun?“

Karasek: „Man kann nichts ändern. Alles ereignet sich und passiert von selbst.“
(FAZ, Nr. 35, 31. August 2003, Medien S. 27)